Nördlich von Weiler und innerhalb des Naturschutzgebietes „Bergsenkungsgebiet an der Amalienhöhe - Wiesen nördlich Weiler“ liegt die Weilerer Sandkaut. Hier wurde bis in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts Sand und Kies abgebaut. Viele der alten Häuser von Weiler wurden mit Material aus der Sandkaut gemörtelt und verputzt. Einstmals als Fläche zur finanziell interessanten Verfüllung begehrt, wurde sie glücklicherweise zusammen mit dem Bergsenkungsgebiet an der Amalienhöhe und dem nördlichen Ortsrand von Weiler als Naturschutzgebiet ausgewiesen.
Die Sandkaut ist, wie alle Abbauflächen, ein magerer Standort und bietet damit besondere und selten gewordene Lebensbedingungen für Pflanzen und Tiere.
Vor vielen Jahren wurden auf Initiative der Naturschutzgruppe im Rahmen einer Ausgleichsmaßnahme kleine Tümpel angelegt, die je nach Witterung unterschiedlich lange wasserführend sind. In den Tümpeln findet man im Frühjahr eine Vielzahl von Kaulquappen, deren Entwicklung zu Teich-oder, seltener, Bergmolchen man mit etwas Glück beobachten kann. Die Amphibien sind die Nahrungsgrundlage für die Ringelnatter, die in der Sandkaut auf die Jagd geht. Die zunehmende Trockenheit der letzten Jahre führte häufig jedoch zu einem zu frühen Austrocknen der wechselfeuchten Standorte so dass viele Individuen vor dem Erwachsen werden absterben.
Der Lebensraum ist auch geeignet für Gelbbauchunken und Kreuzkröten - vielleicht finden diese seltenen Lurche, die in der Umgebung vorkommen und sommerlich austrocknende Tümpel bevorzugen, irgendwann den Weg in die Sandkaut.
Botanisch ist die Fläche ebenfalls sehr interessant – wer sich auskennt, entdeckt schon im Herbst und im zeitigen Frühjahr die Rosetten der Pyramiden-Orchis. Zur Blütezeit ist der vordere Bereich meist übersät mit rosafarbenen Blüten. In den mageren Wiesen hat sich auch die Bienen-Ragwurz ausgebreitet, die das geübte Auge aus den Gräsern herausblitzen sieht. Auch die Ständelwurz findet man ab und an. Als weitere seltene Arten sind Kreuzblümchen, Echtes Tausendgüldenkraut, Raue Nelke, Steifer Augentrost und Roter Zahntrost typische Bewohner der Sandkaut.
Bilder Pyramiden-Orchis, Wiese, Bienen-Ragwurz
Ein weiteres Highlight ist die Steilwand am nordwestlichen Ende der Sandkaut: Sie ist ein Fenster in die Vergangenheit und bietet einen imposanten Einblick in die Geschichte unserer Landschaft.
Die untersten Schichten der Abbaufläche sind ca. 30 Millionen Jahre alt und Sedimente eines Meeres, welches zu jener Zeit unserer Region bedeckte und sich, von Rheinhessen kommend, bis in den Binger Wald erstreckte. Je nachdem, wie weit die Meeresküste entfernt war, wurden von der Brandung gerundete Kiesel, Sande oder Tone abgelagert.
Im oberen Bereich des Aufschlusses befinden sich große Gesteinsbrocken. Dabei handelt es sich um Verwitterungsschutt des benachbarten Gebirges, der während der Eiszeit, vor ca. 100.000 bis 20.000 Jahren, durch Frostsprengung entstanden ist. Die Gesteinsbrocken sind gemeinsam mit großen Schlammmengen von dem damals unbewaldeten Bergrücken des Binger Waldes hangabwärts geflossen und kamen an dessen am Fuß zum Stillstand.
Die Wand ist nicht nur Fenster in die Vergangenheit, sie ist auch wichtiger Lebensraum für Wildbienen und andere Hautflügler.
Bild Steilwand
Dank der regelmäßigen und kontinuierlichen Pflege durch die Naturschutzgruppe hat sich das Gebiet zu dem besonderen Biotop entwickelt, das es heute ist. Im späten Herbst oder ausgehendem Winter schneiden wir Gehölze zurück (hier insbesondere auch in dem Bereich der Steilwand), mähen Teilbereiche und nehmen problematische Rohrkolben, aus den Teichen, um eine Verlandung zu vermeiden.
Auch hier freuen wir uns auch immer wieder über neue Helfer.
Die Sohle selbst wird einmal jährlich auf Kosten der Naturschutzgruppe professionell gemulcht. Hier ist Handarbeit zu aufwändig.
Im Dezember 2020 konnten in Zusammenarbeit mit dem Biotopbetreuer des Landkreises Mainz -Bingen, Hans-Jürgen Dechent, und in Absprache mit der Ortsgemeinde größere Flächen Oberboden abgetragen werden, um das problematisch werdende Landreitgras zurückzudrängen und den Magerstandort zu erhalten. Was zunächst aussieht wie große Wunden in der Landschaft, dient dem Erhalt dieses wunderschönen und wichtigen Lebens- und Erlebensraumes.
Bild Bagger